Ich habe einen Dokumentarfilm gesehen, der im Grunde ein eineinhalbstündiger Werbespot für die online Plattform OnlyFans ist. Das veranlasst mich dazu, die Schattenseiten dessen aufzuzeigen, was als „leichtes Geld für Leute, die sexuell befreit genug sind, um sich anzumelden“ dargestellt wird.

Ich kenne die Argumentation, dass OnlyFans besser und sicherer ist als andere Bereiche der kommerziellen Sexindustrie. Ich kann die Verlockung nachvollziehen und auch den Druck, den viele verspüren. Durch das Zusammentreffen von wirtschaftlicher Not, Isolation/Vereinsamung und der Normalisierung von Pornografie in unserer Kultur werden immer mehr Menschen in diesen Bereich des Verkaufs von Sex und Sexualität gelockt.

Ich möchte an dieser Stelle deutlich betonen, dass dieser Blog nicht dazu gedacht ist, Menschen, die einen OnlyFans (OF) Account haben, zu beschämen oder zu verurteilen. Als Überlebende der kommerziellen Sexindustrie möchte ich einige möglichen Kehrseiten mit denjenigen teilen, die darüber nachdenken, sich bei OF anzumelden (und das Vorrecht haben, sich das überlegen zu können).

Oberflächlich betrachtet mag der Start eines OnlyFans Account ganz einfach sein... du schaltest deine Kamera ein, postest ein Bild oder ein Video, bekommst ein paar Abonnentinnen und Abonnenten und verdienst etwas Geld. Tatsächlich ist dies aber eine schwerwiegende Entscheidung, die einen nachhaltigen Einfluss auf dein Herz, deinen Verstand und deine Zukunft haben kann. Ich weiß das, weil ich selbst eine Überlebende der kommerziellen Sexindustrie bin und mittlerweile schon fast zwei Jahrzehnte lang Frauen begleite, die für Heilung und Freiheit von der Sexindustrie kämpfen.

HIER SIND DIE 10 BESTEN GRÜNDE, KEINEN ONLYFANS ACCOUNT ZU ERÖFFNEN

1. Screenshots, Raubkopien und durchgesickerte Bilder

Es gibt keine Möglichkeit, dies zu verhindern. Es ist praktisch unvermeidlich. Ich habe eine Geschichte nach der anderen gehört, in denen Inhalte von Leuten, ohne die Zustimmung oder das Wissen der Urheberin oder des Urhebers, geleakt, geteilt und sogar an andere Pornoseiten verkauft wurde. Es gibt sogar Netzwerke von OnlyFans-Abonnentinnen und Abonnenten, die Inhalte von-/untereinander und an andere Pornoseiten (ver)kaufen. Davon abgesehen, ist es nur eine Frage der Zeit bis Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen, Freundinnen und Freunde oder Familienmitglieder etwas sehen, was du nie beabsichtigt hast, ihnen zu zeigen.

2. Du wirst immer dazu aufgefordert werden, mehr zu tun… und das wirst du wahrscheinlich auch

Das ist eine wohlbekannte Realität in der kommerziellen Sexindustrie. Es ist so einfach, in das schwarze Loch der Nachfrage zu fallen, die dich auffordert, mehr zu zeigen, mehr zu tun und über die Grenzen hinauszugehen, die du für dich selbst festgelegt hast. Es ist sehr wahrscheinlich, dass du eines Tages aufwachst und realisierst, dass das Geld und der Druck dich weiter getrieben haben, als du jemals gedacht hättest.

3. Das Geld ist nicht so einfach verdient wie es klingt

Einige bekannte Urheber oder Urheberinnen mögen eine Menge Geld verdienen, aber das ist nicht die Norm für die meisten Menschen. Selbst wenn du anfangs gut Geld verdienst, wirst du dich immer mehr steigern müssen, um weiterhin Geld zu verdienen. Siehe Punkt zwei. Das ist die Ökonomie der Sexindustrie. Das Geld ist kurzlebig und unzuverlässig. An einem Tag ist es da, am nächsten weg. Am Ende jagst du es – und tust mehr, als du jemals gedacht hättest, um ein bisschen dazuzuverdienen.

Wir kennen das schon von anderen Formen der Amateur-Pornos. Neue Mädchen können einen Batzen Geld verdienen, aber sobald der Reiz des Neuen nachlässt, heißt es entweder Alles geben oder von der Bildfläche verschwinden. Da der Markt mehr und mehr mit "Content Creators" gesättigt ist, wird dieses ganze Dilemma nur noch schlimmer werden. Das zeigt sich bereits in der Mainstream-Pornografie. Die meisten professionellen Pornodarstellerinnen und Pornodarsteller, die ich kenne, sind in eine Spirale geraten, in der sie immer mehr Hardcore-Inhalte für immer weniger Geld drehten und sich schließlich dem Escort-Service zuwandten, um über die Runden zu kommen. Das ist einer der Gründe, warum in der kommerziellen Sexindustrie Drogenmissbrauch so weit verbreitet ist. Für viele ist high der einzige Zustand, um mit Allem fertig zu werden.

4. Es hat einen Preis, ein Sexualobjekt zu werden

Ich kann dir das aus eigener Erfahrung sagen: Wenn Menschen dir Geld dafür zahlen, dass du sie sexuell befriedigst, gewinnen sie ein Gefühl des Anspruchs an dich. Manche meinen sogar, ein Stück von dir zu besitzen. Du bist nicht länger eine Person, sondern ein Produkt.

Ich habe noch nie etwas Abscheulicheres, Groberes, Beleidigenderes und Erniedrigenderes gehört als Kommentare von Menschen, die glauben, dass jemand nur zu ihrer persönlichen sexuellen Befriedigung existiert. Im Grunde genommen, ist die Erfahrung, ein sexuelles Objekt zu werden, die Erfahrung, entmenschlicht zu werden. Wenn du darüber nachdenkst, wurden einige der grausamsten Taten in der Geschichte der Menschheit als Folge der Entmenschlichung einer anderen Person oder Volksgruppe begangen.

Glaube mir, auf diese Weise betrachtet und behandelt zu werden, kann sowohl unmittelbare als auch lang anhaltende Auswirkungen haben.

5. Sexuelle Belästigung ist Teil des Jobs

Es reicht nicht aus, einfach nur Fotos und Videos von dir zu posten und dann zu erwarten, dass du damit Geld verdienst. Es wird von dir erwartet, dass du ständig mit deinen Abonnentinnen und Abonnenten interagierst. Du wirst nicht nur jeden Tag Nachrichten bekommen, die dir sagen, wie schön du bist und dich fragen, wie dein Tag war. Siehe Punkt zwei und vier.

Du wirst belästigt werden – und zwar stärker, als du es dir wahrscheinlich vorstellen kannst. Du wirst zu Handlungen gedrängt, von denen du wahrscheinlich nie wusstest, dass es sie gibt und zwar von Leuten, die tief in einer sexuellen Sucht gefangen sind – Leute, mit denen du niemals auch nur eine Sekunde außerhalb des OnlyFans-Kontextes verbringen würdest. Du wirst beschimpft und auf üble Weise kritisiert werden. Das ist nicht mehr Belästigung, das ist Missbrauch.

Es gibt nur wenige Dinge, die wichtiger sind als die Frage, mit wem man sich umgibt. Es ist wichtig, darüber nachzudenken, ob du solche Personen taugaus und tagein in deinem Leben und ihre Stimme in deinem Ohr haben möchtest?

6. Stalker

Es gibt Leute, die deine öffentlichen und privaten Informationen recherchieren, um sie an Andere weiterzugeben. Das wird „Doxing“ genannt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass der Name, der Wohnort und persönliche Fotos von OnlyFans veröffentlicht werden, was sie besonders anfällig für Stalker und Menschen mit anderen zweifelhaften Absichten macht.

7. OnlyFans kann mit deinen Zielen kollidieren

Was du auf OnlyFans tust, kann dich möglicherweise in Zukunft von bestimmten Berufen ausschließen, zum Beispiel von der Arbeit mit Kindern oder der Arbeit für Behörden, die Hintergrundprüfungen verlangen. Ganz zu schweigen davon, dass es schwierig zu verhindern ist, dass aktuelle und zukünftige Kolleginnen und Kollegen und Klassenkameradinnen und Klassenkameraden es irgendwann herausfinden. Siehe Punkt eins.

8. Es wird dich beeinflussen, vertraue mir

Nach nur einer Nacht im Strip-Klub änderte sich die Art und Weise, wie ich mich selbst und die Welt um mich herum wahrnahm, augenblicklich und dramatisch. Der Schaden spitzte sich mit der Zeit immer weiter zu. Ich wurde zu einem Produkt der Fantasien anderer Leute und verlor schließlich völlig den Kontakt zu meinem wahren Ich. Jede Nacht gab ich ein Stück von mir selbst weg, bis es nichts mehr zu geben gab.

Deine Fähigkeit, Intimität zu erleben und gesunde Beziehungen zu führen, wird wahrscheinlich tiefgreifend beeinträchtigt werden. Es ist schwer zu glauben, dass jemand dich für das schätzt, was du als Person bist, und nicht für das, was du sexuell für sie oder ihn tun kannst. Es braucht eine Menge Zeit und harte Arbeit, um sich davon zu erholen.

9. Du kannst es nicht rückgängig machen

Wenn du erst einmal etwas hochgeladen hast, kannst du es nicht mehr rückgängig machen. Selbst wenn du dein Konto so schnell wieder löscht, wie du es eröffnet hast, werden die Videos und Bilder, die du veröffentlicht hast, für alle sichtbar sein… auf unbestimmte Zeit! Siehe Punkt eins.

10. Selbst wenn die Bezahlung gut ist, ist der Preis zu hoch

Dies ist eine Industrie, die dich benutzt, dich zerkaut, dich aussaugt und dich wieder ausspuckt. Und alles, was dir bleibt, ist das Trauma, das du verarbeiten musst. Ich habe Frauen in ihren 60ern und 70ern gesehen, die daran arbeiten, sich von der Arbeit in der Sexindustrie zu erholen und zu heilen. Traurigerweise habe ich auch diejenigen gesehen, die sich nie erholt haben.

FAKT IST… DU BIST MEHR WERT!

Du bist mehr wert als die Entmenschlichung, Erniedrigung und Objektifizierung, die OnlyFans und die kommerzielle Sexindustrie dir zu bieten haben.

ACHTUNG FRAUEN AUS DER SEXINDUSTRIE / EX-SEXINDUSTRIE FRAUEN

Egal, ob du noch in der Branche bist oder nicht mehr arbeitest, aber ein offenes Ohr, Ermutigung oder Unterstützung beim Erreichen deiner Ziele gebrauchen kannst, wir sind für dich da! Kein Druck. Kein Urteil. Keine Bedingungen.

Im deutschsprachigen Raum kannst du dich hier melden. Es gibt auch Anlauf- und Beratungsstellen vor Ort in deiner Gegend.

AN MEINE ANTI-SEXHANDEL-GEMEINSCHAFT

Wenn du Zuhälter und Menschenhändler finden willst, dann folge dem Geld. Wenn es auf OnlyFans Geld zu verdienen gibt, dann kannst du mir vertrauen, dass Menschenhändler und Ausbeuter hinter den Kulissen arbeiten und ihre Opfer zu Content-Erstellerinnen und Content-Erstellern machen. Das passiert bereits und das schon seit einer Weile. Das ist Fakt.

Und wenn du denkst, dass jeder auf OnlyFans über 18 ist, dann träume weiter.

Dieser Blog wurde mit der Genehmigung von Treasures neu aufgelegt. Den Original-Artikel findest du hier.