Wann ist in einer frischen Beziehung der beste Zeitpunkt, das Thema Pornografie anzusprechen?

Stell dir folgende Situation vor: Du hast jemand Großartigen kennengelernt, die ersten Dates sind wirklich gut gelaufen und jetzt sitzt ihr zusammen beim Abendessen in einem neuen Restaurant. Ihr beide seid voller Unsicherheiten, die so mit einer neuen Beziehung einhergehen, aber wollt euch dennoch gegenseitig beeindrucken.

Du gibst deine Bestellung auf, schickst ein Lächeln über den Tisch und sagst: „Also, ich denke Pornos zerstören Liebe. Schaust du Pornos?“

Es könnte sein, dass du gerade eine Situation geschaffen hast, aus der du am liebsten ganz schnell wieder flüchten möchtest.

Die Wahrheit ist, dass es enorm wichtig ist, das Thema Pornografie in einer frischen Beziehung anzusprechen, insbesonders wenn diese Thematik für dich so wichtig ist, dass sie über den weiteren Verlauf eurer Beziehung entscheiden könnte – aber es ist auch eine heikle Situation.

Mit einem potenziellen Partner kann man sich noch nicht wie mit einem besten Freund oder einer besten Freundin unterhalten. Genau das zu sagen, was dir gerade durch den Kopf schießt, ohne nachzudenken, kann hier mehr Schaden anrichten als hilfreich sein. Nichtsdestotrotz liegt dir diese neue Beziehung am Herzen und ihr beide seid noch voll dabei, euch kennen zu lernen und Dinge herauszufinden. Das Thema Pornografie ist  wichtig und es wert, besprochen zu werden, aber es bedarf etwas Fingerspitzengefühl, guter Überlegung und Einfühlungsvermögen.

Jeder Mensch und jede Beziehung sind einmalig und deshalb wirst du deinen eigenen Weg navigieren dürfen. Aber hier sind ein paar Tipps, Warnhinweise und Überlegungen, über die du dir Gedanken machen könntest, während du dein neues Gegenüber tiefer und besser kennenlernst.

1. Das Thema als eines anzusprechen, das dir sehr am Herzen liegt, ist ein sanfterer Einstieg.

Wenn du einen neuen Partner kennenlernst, ist es einfach darüber zu reden, was ihr beide neben der Arbeit oder der Schule macht, was euch interessiert und herauszufinden, was die andere Person bewegt. Pornografie und Beziehungen als Themen anzusprechen, die dir wirklich wichtig sind und dir auf dem Herzen liegen, kann dabei helfen, dass sie ganz natürlich in weitere Gespräche über Hobbies und Tätigkeiten einfließen.

Es wird wesentlich einfacher und natürlicher sein, so darüber zu reden, als das Thema Pornografie in Bezug auf Grundüberzeugungen zu diskutieren. Schau dir mal an, wie unterschiedlich folgende Aussagen klingen.

Aussage über meine Herzensangelegenheit: „Mir liegt diese Pro-Liebe-Bewegung wirklich am Herzen, die ein Bewusstsein über die Wissenschaft schafft, wie der Konsum von Pornos negative Auswirkungen auf das Leben von Menschen haben kann. Die Organisation heißt Fight the New Drug (dt. Bekämpfe die neue Droge) und ich liebe es, ihre Blogartikel zu lesen und über ihre Nachforschungen und Erkenntnisse zu reden. Es ist faszinierend. Alles, was für Liebe und positive Darstellung von Sexualität kämpft, hat meine Stimme.“

Aussage als allgemeine Überzeugung: „Ich glaube definitiv, dass Pornografie falsch ist. Sie verursacht tiefe Beziehungsprobleme und bringt das Leben, derjenigen durcheinander, die sie konsumieren. Es gibt so viele Studien, die belegen, wie schlecht Pornografie ist. Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der es akzeptabel wäre, sie zu schauen. Das ist mir wirklich wichtig. Jeder, der Pornos schaut, verdient es, in seiner Beziehung zu leiden, weil – lass uns ehrlich sein – es ist doch offensichtlich, wie schlecht das ist.“

Siehst du den Unterschied?

Es ist klar, dass ihr, wenn ihr euch besser kennengelernt habt und eure Beziehung tief genug ist, immer mehr eure jeweiligen Überzeugungen in Bezug auf alle möglichen Dinge entdecken werdet. Es wird dann immer angebrachter sein, auch Aussagen zu Überzeugungen zu machen; aber siehst du wie viel einladender und freundlicher die Aussage über deine Herzensangelegenheit bei einem dritten Date klingt?

Tatsächlich sehen wir immer wieder, wie wenig effektiv oder gesund urteilende Worte sind. Es ist also grundsätzlich eine gute Angewohnheit, auf diese Art und Weise über das Thema Pornografie zu reden.

2. Einige Fragen könnten unabsichtlich Scham hervorrufen.

Wer hat nicht auf irgendeine Art und Weise persönliche Erfahrungen in diesem Bereich gemacht?

Pornografie und Sexualität im Allgemeinen können sehr sensible und persönliche Themen sein. Ziehe in Betracht, dass wir Menschen die Tendenz haben, defensiv und sehr emotional zu reagieren, wenn es um persönliche Themen geht. Wenn du damit beginnst zu erzählen, was die Auseinandersetzung mit diesem Thema mit deinem Leben zu tun hat, dann könnte das eine sehr viel sanftere Art sein, das Gespräch über Pornografie zu eröffnen. Rede so, wie wenn du deine eigene Geschichte erzählst und im Idealfall antwortet dein Gegenüber mit ihrer oder seiner.

Aufgrund der heutzutage weitverbreiteten Verfügbarkeit und Akzeptanz von Pornografie ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass dein Gegenüber irgendeine Art von Geschichte mit Pornografie hat, sei es nun kurzzeitig oder fortlaufend. Das genügt, um in der anderen Person eine Verteidigungshaltung hervorzurufen.

Fragen, die den Fokus von deiner persönlichen Leidenschaft hin zu deinem Gegenüber lenken, könnten Scham und Konfrontation Raum geben. Viele Fragen – von „Schaust du Pornos?“ bis „Was denkst du über Pornografie?“ – können beschämend und verurteilend wirken oder schlichtweg die Grenze der Privatsphäre überschreiten, wenn man sie aus heiterem Himmel stellt.

Überleg dir also, ob du dir nicht ein paar Fragen für später aufhebst und du es deinem neuen Partner überlässt, Dinge von sich aus mitzuteilen, während ihr euch besser kennenlernt. Auf diese Weise ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass dir Hintergedanken unterstellt werden oder du das Gefühl vermittelst, es gäbe eine „richtig oder falsch“-Antwort. (Und wenn die andere Person spürt, dass es da eine richtige Antwort gibt, kann es sein, dass sie nur das sagt, was du gerade hören möchtest, weil eure Beziehung noch so am Anfang steht.)

Deinem Date Raum zu geben, sich seinem Wohlfühl-Level entsprechend mitzuteilen, kann dabei helfen, ein Fundament für später folgende tiefere Gespräche zu bauen.

3. Es gibt ein gesundes Mittelmaß zwischen „zu schnell“ und „zu spät“.

Entspannt und natürlich zu sein, ist zwar wirklich wichtig, aber das heißt nicht, dass Timing nicht auch wichtig wäre. Jeder Mensch ist anders und jede Beziehung bewegt sich in einer anderen Geschwindigkeit. Wenn es sich aufgrund der individuellen Dynamik mit deinem neuen Partner erzwungen, unnatürlich oder wirklich unangenehm anfühlt, das Thema Pornografie anzugehen, dann hebt es euch für später auf.

Auf der anderen Seite kann es auch problematisch sein, das Thema gar nicht anzusprechen, wenn es dir eigentlich wirklich wichtig ist. Dieses Thema kann signifikante Unterschiede zwischen zwei Menschen zum Vorschein bringen und das kann es wert sein, besser früher als später herauszufinden – abhängig davon, wie entscheidend der Umgang mit Pornografie für dich in Bezug auf den weiteren Verlauf eurer Beziehung ist.  

Wenn Paare damit warten, über Pornografie zu sprechen bis die Beziehung so richtig ernst ist, dann könnte es sein, dass das Gespräch spannungsreicher und komplizierter ist oder ihr Gesagtes persönlicher nehmt, weil es sich anfühlt, als würde viel mehr davon abhängen.

Jede Person ist anders und jede Beziehung ist einzigartig. Vertraue deinem Bauchgefühl und sei ehrlich und bedacht, was den Zeitpunkt eines Gespräches betrifft, das einen wichtigen Teil, von dem, wer du bist, ausmacht und ein wichtiger Baustein einer gesunden, wachsenden Liebesbeziehung ist.

Was passiert, wenn dein neuer Partner oder deine neue Partnerin nicht genauso empfindet und fühlt wie du?

Was ist, wenn sich herausstellt, dass die Person dir gegenüber tatsächlich Pornos schaut? Oder sich nicht darum schert, sexuelle Ausbeutung zu bekämpfen? Oder einfach grundsätzlich nicht deine Ansichten zum Thema Sexualität teilt?

Das, was folgt, hängt von dir ab und es muss nicht deine ganze Welt zum Einsturz bringen. Das ist ein Teil von Dating, einander kennen zu lernen und herauszufinden, ob man oder ob man nicht gut zusammenpasst. Ist es eine Unterhaltung wert, festzustellen, ob dein Gegenüber offen dafür ist, neue Fakten zu lernen, auch wenn die Beziehung nicht weitergeht?

Am wichtigsten ist, wenn das passiert, dass du der anderen Person nicht sagst, sie wäre ein „schlechter Mensch“ oder „falsch“, weil sie nicht informiert ist. Hier sind ein paar Tipps, die dir dabei helfen sollen, nicht wie ein Trottel zu klingen, wenn du mal ein paar Dinge klar stellst. Sieh es als Chance, deine Gedanken und die Wissenschaft zum Thema Pornografie mit jemandem zu teilen, der davon noch nichts gehört hat und es vielleicht interessant finden könnte. In diesem verlinkten Artikel findest du einige kreative Ideen, die Erzählweise über Pornografie zu verändern.

Vielleicht stellt sich heraus, dass diese Beziehung nicht die ist, die du erhofft hattest. Oder vielleicht springt der Funken über und ihr könnt weiter darüber reden, zusammen lernen und wachsen. So oder so, bei sorgsamem Umgang mit diesem Thema, muss das Gespräch über Pornografie mit deinem oder deiner potenziellen Zukünftigen nicht furchteinflößend sein. Geringstenfalls wird es wahrscheinlich eine Tür für weitere großartige Gespräche öffnen.

Außerdem könnte dein Date dich auch überraschen. Vielleicht lernst du etwas von ihm oder ihr und gehst neu inspiriert wieder nachhause.

 *Leider sind die verlinkten Artikel nur auf Englisch verfügbar.

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